30 Minuten: Ausgabe 02 2024
Therapieoption von Erkrankungen mit begleitender Eosinophilie wie Asthma
Weltweit leiden rund 300 Millionen Menschen an Asthma bronchiale. Die im Zuge der Entzündung hervorgerufene bronchiale Überempfindlichkeit führt zu Symptomen wie Husten, erschwerter Atmung und Engegefühl im Brustbereich, bis hin zu lebensbedrohlichen Anfällen. Bis zu 60% der Betroffenen sind mit der herkömmlichen inhalativen Therapie gut eingestellt. Bei etwa einem Drittel der Patienten mit schwerem Asthma sind eosinophile Granulozyten für die massive chronische Entzündung der Bronchien verantwortlich. Hier gibt es bisher kaum zusätzliche Therapieoptionen. Die Gabe von hochdosiertem Kortison ist erforderlich, und selbst dann ist die Erkrankungsaktivität nur schwer zu kontrollieren. Da eine solche Langzeittherapie zu erheblichen Nebenwirkungen führen kann, sind neue Therapiestrategien dringend notwendig.
In verschiedenen Kulturen hat die Verwendung von Cannabis sativa als Arzneimittel eine jahrtausendealte Tradition. Im 19. Jahrhundert fanden Zubereitungen aus Cannabis wegen ihrer schmerzstillenden, beruhigenden und krampflösenden Wirkung auch in der europäischen Schulmedizin Einzug. Wegen der berauschenden Wirkung des Inhaltsstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) verschwanden sie jedoch in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wieder vom Markt. Seit einigen Jahren sind synthetische und teil-synthetische Cannabinoide wieder für spezielle Indikationen wie Multipler Sklerose oder als Mittel gegen Übelkeit in der Krebstherapie zugelassen. Cannabinoide wirken über das zentrale Endocannabinoid-System. Dessen Rezeptoren befinden sich einerseits im zentralen und peripheren Nervensystem (CB1-Rezeptoren) und andererseits an Immunzellen (CB2-Rezeptoren). Körpereigene Cannabinoide, sogenannte Endocannabinoide, können wie THC an diese Rezeptoren binden. Im Gehirn sind Endocannabinoide an vielen physiologischen Prozessen wie Schmerzverarbeitung, Motorik, Emotion, Appetitregulation und Nahrungsaufnahme beteiligt. Zusätzlich scheint der nicht psychoaktiv wirksame CB2-Rezeptor eine wichtige Rolle bei der Regulation von Entzündungsvorgängen zu spielen.
Das Endocannabinoid 2-Arachidonoylglyzerol wird im Zuge von allergisch-entzündlichen Prozessen gebildet und zeigt eine aktivierende Wirkung auf verschieden Entzündungszellen, wie auch auf Eosinophile Granulozyten. Eine Erhöhung von 2-Arachidonoylglyzerol kann sowohl bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Erkrankungen sowie im experimentellen Asthma-Modell nachgewiesen werden.
Ziel dieser Studie ist es die Rolle des CB2 Rezeptors als potentielle neue diagnostische und therapeutische Möglichkeit auf mehreren Ebenen zu überprüfen:
- Zusammenhang zwischen Entzündung und CB2-Rezeptor Expression auf Eosinophilen,
- Einfluss von CB2-Rezeptor Liganden auf die eosinophilen Effektorfunktionen in vitro,
- Einfluss von CB2-Rezeptorblockern auf die Entstehung von Eosinophilie-assoziierten Erkrankungen, untersucht anhand von etablierten in vivo Krankheitsmodellen.
Das Team um Ass.-Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr.rer.nat. Eva Maria Sturm hofft, durch die Kombination von in vitro und in vivo Untersuchungen einen neuen innovativen pharmakotherapeutischen Ansatzpunkt für die Therapie von Eosinophilie-assoziierten Erkrankungen charakterisieren zu können.
Ass.-Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr.rer.nat. Eva Maria Sturm
Ihr Diplomstudium der Mikrobiologie an der Karl-Franzens Universität Graz hat sie 2004 abgeschlossen, das Doktorat in Naturwissenschaften 2008 abgelegt.
Zur Zeit ist Ass.-Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr.rer.nat. Eva Maria Sturm am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie an der
Medizinischen Universität Graz beschäftigt. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Pathogenese und Pharmakotherapie des Asthma bronchiale und von Eosinophilie-assoziierten Erkrankungen. Weiters beschäftigt sie sich mit der Pharmakologie der Prostaglandine und Cannabinoide sowie der Biologie der Granulozyten.
2015/2016 erhielt sie das PS-Stipendium für die Forschungsleistung.